Zielsetzungen
Die Forderung nach einer Verzahnung von Berufsschulunterricht und überbetrieblicher Ausbildung ist nicht neu und zahlreiche Institutionen und Fachleute haben sich dafür ausgesprochen. Auch die KMK-Konferenz und das Bundesinstitut für Berufliche Bildung empfehlen seit langem, zur qualitativen Weiterentwicklung des Systems der Dualen Berufsbildung innovative Formen der Zusammenarbeit zwischen Betrieben und Schule zu fördern. Die Lernortkooperation ist also primär nicht als Kompensation für die Ausweitung des Berufsschulunterrichtes gedacht, um damit die Anwesenheit des Auszubildenden im Betrieb zu erhöhen.
Folgende Einzelziele waren bei der dargestellten Lernortkooperation beabsichtigt:
- Steigerung der Effizienz der Ausbildung durch eine gemeinsame und aufeinander bezogene Planung, Durchführung und Kontrolle, Vermeidung von Wiederholungen,
Förderung der Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz durch die Integration theoretischer und berufspraktischer Inhalte und Fertigkeiten (prüfungsrelevant), - Erhöhung der Attraktivität der Berufsbildung durch einen didaktisch – methodisch abwechslungsreichen Unterricht und Verbesserung des technologischen Transfers vom Betriebzur Schule,
- Für die Auszubildenden nachvollziehbare Bezüge zwischen theoretischem Wissen und berufspraktischen Erfahrungen erzeugen,
- Verbesserte Haftung des erworbenen Wissens und der Fertigkeiten,
- Vermeidung inhaltlicher überschneidungen zwischen den Lehrplänen der Berufsschule und der überbetrieblichen Unterweisung,
- Reduzierung der Kosten der Ausbildung (Internat, Fahrkosten, doppelte Ausstattungen, um mehrere Wochen längere Anwesenheit im Betrieb.
Rahmenbedingungen
Grundlage der Maßnahme waren Anträge der Handwerkskammer Lübeck an den Bundesminister für Wirtschaft sowie das Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein zur Förderung der überbetrieblichen Unterweisung im Rahmen einer angestrebten Lernortkooperation zwischen den Landesberufsschulen in der Trägerschaft der Handwerkskammer Lübeck und der überbetrieblichen Unterweisung. Seitens des Wirtschaftsministers des Landes Schleswig – Holstein wurde der Lernortkooperation zugestimmt, ohne finanzielle Nachteile im Hinblick auf die Fördermittel des Landes. Auch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes erteilte seine Zusage zur Beteiligung der Landesberufsschulen an diesem Kooperationsvorhaben. Nach Aussage der Handwerkskammer Lübeck haben auch der Deutsche Handwerkskammertag und der Zentralverband des Deutschen Handwerks die Unterstützung für das Vorhaben erklärt und das Bundeswirtschaftsministerium dem Modell in Travemünde zugestimmt.
Ablauf der Organisation
Der Berufsschulunterricht an den Landesberufsschulen (LBS) findet in Blockform statt mit einer Blockdauer von meist 4 Wochen und 40 h Unterricht je Woche. Die überbetriebliche Ausbildung umfasst bis zu 7 Wochen, die zusätzlich zum Unterricht der LBS anfallen.
Es wurde festgelegt:
In den 4 ersten Unterrichtsstunden wird Theorieunterricht für die gesamte Klasse erteilt, die 5. und 6. Unterrichtsstunde werden nach Absprache zwischen den Lehrkräften für den Theorieunterricht und der überbetrieblichen Ausbildung durch team-teaching gemeinsam gestaltet (Unterricht, Labor oder Werkstatt), in der 7. und 8. Unterrichtsstunde wird die Klasse geteilt: Gruppe A nimmt von 13.15 bis 17.00 Uhr an der überbetrieblichen Ausbildung in der Werkstatt teil, während Gruppe B Theorieunterricht bis 15.00 Uhr erhält.
Dadurch ergibt sich je Woche folgende Stundenbilanz, gerechnet in Stunden zu 45 Minuten.
Landesberufsschule: 4 h Theorieunterricht, 2 h verzahnt mit der überbetrieblichen Ausbildung und differenzierter Unterricht mit halber Klasse, ergibt 8 h täglich von Montag bis Freitag. Dadurch ergeben sich je Woche 40 h an Unterrichtszeit. Infolge der Unterrichtsdifferenzierung mit halber Klasse ergeben sich je Woche und Schüler 10 Fehl-Stunden, die durch Verblockung in der Prüfungszeit kompensiert werden können.
Überbetriebliche Ausbildung: Die überbetriebliche Ausbildung erfolgt von Montag bis Freitag von 11.15 bis 12.45 Uhr; verzahnt mit der Berufsschule, und von 13.15 bis 17.00 Uhr (ohne Pause) von Montag bis Donnerstag, am Freitag endete die Ausbildung um 15.00 Uhr. Dieses entspricht zeitlich dem Umfang sowie der Arbeits- und Pausenregelung vor Umsetzung der Lernortkooperation.
Umsetzung der Lernortkooperation:
Bei der Stoffverteilung waren sowohl die Inhalte der überbetrieblichen Erstunterweisung, als auch des Lehrplanes für die Landesberufsschulen zu beachten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Festlegung der Inhalte für die Lernortkooperation gemeinsam durch die Kollegen der überbetrieblichen Ausbildung und der jeweiligen Landesberufsschule erfolgte. Die ersten Erfahrungen haben gezeigt, dass beide Ausbildungspartner in besonderer Weise kooperationswillig und kooperationsfähig sind und diese Zusammenarbeit zu einer gegenseitigen fachlichen Ergänzung und Vertiefung des Unterrichtsstoffes führte. Die Lernortkooperation setzt bei allen beteiligten Lehrkräften ein hohes Maß an gemeinsamer Absprache und Verlässlichkeit, von Disziplin und genauester Zielabsprache voraus. Trotz der insgesamt als erfolgreich einzustufenden Arbeit, werden sich bei einer zukünftigen weiteren Lernortkooperation alle Beteiligten noch umfassender und präziser über die Ziele, Konzepte und Arbeitsmethoden von überbetrieblicher Ausbildung und Berufsschule aussprechen müssen, um zu einer reibungslosen pädagogischen Verzahnung zu gelangen. Dazu ist eine vorausschauende langfristige Planung und Umsetzung erforderlich.
Unterricht der Berufsschule
Als pädagogisch sinnvoll und motivierend erwies sich die Interaktion von praktischer übung und theoretischer Reflexion sowohl für die Schülerinnen und Schüler als auch für die Lehrkräfte. Angesichts einer seit Jahren nebeneinander mehr oder minder koordiniert ablaufenden schulischen und überbetrieblichen Ausbildung, mit jeweils eigenen Zielsetzungen, Lehrmethoden und zeitlich nicht aufeinander abgestimmten Ausbildungsplänen, müssen noch weitere Schritte unternommen werden, um die Ausbildung als zusammenhängendes Ganzes zu entwickeln und für die Auszubildenden erfahrbar zu gestalten.
Die Lernortkooperation bietet sich als ein besonders geeignetes Feld dar, auf dem die Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz der Auszubildenden trainiert werden kann. Die von den Rahmenlehrplänen geforderte handlungsorientierte Ausbildung verpflichtet nicht nur die Berufsschule, danach zu verfahren, auch die Ausbildungsbetriebe müssen dieser wahrhaft nicht leichten Aufgabe nachkommen. Ein gewisser positiver Druck ergibt sich dabei aus den Kriterien der zukünftigen Zwischen- und Gesellenprüfungen, in denen die Handlungskompetenz beurteilt werden soll. Der Betriebsalltag eines Ausbildungsbetriebes aber auch der Theorieunterricht der Berufsschule allein eröffnen nur wenige sinnvolle Möglichkeiten, dieses umfassend umzusetzen. Schon aus diesem Grunde wäre es deshalb für beide Ausbildungspartner sinnvoll und notwendig, die Lernortkooperation weiterzuentwickeln und, sofern möglich, auch auszuweiten.
Von entscheidender Bedeutung dabei ist die aktive Einbindung der Ausbildungsbetriebe in die Umsetzung und Qualitätssicherung der Ausbildung. Dieses muss und kann erfolgen durch ständige und ausführliche Informationen der Betriebe über die Inhalte von schulischer und überbetrieblicher Ausbildung, durch ihre Beteiligung an der Planung der unterrichtlichen Schwerpunkte und der Lernortkooperation sowie der Gestaltung gemeinsam interessierender Projekte.
Zusammenfassung
Die durchgeführte Lernortkooperation hat trotz einiger Anlaufschwierigkeiten bezüglich der Organisation ein insgesamt befriedigendes bis gutes Gesamtergebnis erbracht. Dieses ergibt sich aus der sicherlich subjektiven Einschätzung der Schülerinnen und Schüler, aber auch der beteiligten Lehrkräfte.
Die laut Stoffplan festgelegten Inhalte konnten in der überbetrieblichen Ausbildung und im Theorieunterricht der Berufsschule wie beabsichtigt umgesetzt werden. Die Schülerinnen und Schüler hatten die Gelegenheit, eine abwechslungsreiche und motivierende Ausbildung kennen zu lernen, bei der auch die Fach- und Methoden- und Sozialkompetenz trainiert werden konnte. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen den Lehrkräften der überbetrieblichen und schulischen Ausbildung erfolgte eine tiefere Durchdringung und Anwendung der beruflichen Bildungsinhalte.
J. Beck, Studiendirektor