EU-Programm INTERREG IVa

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Eine Reise in die Vergangenheit des skandinavischen Bootsbaus

Teilnehmer:
Ole Litty
Michael Ohl
Finn Jacobs
Niklas Stegmann
Pierre Menzel
Martin Baggendorf
Christina Polat
Sebastian Hamprecht
Pierre Menzel

EU-Programm INTERREG IVa

Einleitender Bericht von der Projektfahrt 2011 nach Dänemark:

An der Projektfahrt nach Dänemark nahmen neun Schüler aus verschiedenen Betrieben und zwei Lehrkräfte der Landesberufsschule für Bootsbauer teil. Wir waren vom 20.06- 25.06.2011 im Middelaldercentret in Nykøbing / Falster untergebracht.
Gleich am ersten Tag konnten wir aus verschieden Workshops wählen und zur Tat schreiten. Zur Auswahl stand das Arbeiten mit traditionellen Zimmermannsäxten, das Herstellen von Seilen auf einer mittelalterlichen Reeperbahn oder auch das Schmie-den von Bootsnägeln. Die Arbeitssprache in diesen Workshops mit den Dänen war Englisch und so konnten wir die Fremdsprachenkenntnisse und Fachbegriffe aus der Schule praktisch anwenden und vertiefen.
Im Vordergrund stand das Erstellen eines Linienrisses im Maßstab 1:1 von einem alten dänischen Boot, einem Pram (Lüa: 3880 mm, max. Breite 1340 mm), nach vorherigem Abnehmen der Rumpfkonturen.
Besonders beeindruckend war auch das Segeln und Rudern mit norwegischen historischen Nordlandbooten.

Auch eine Exkursion zum Wikingerschiffmuseum nach Roskilde zur Außenstelle des Dänischen Nationalmuseums, dem Vikinge Skibsmuseet, zum Thema Bootsbau stand auf dem Programm. Nach einem spannenden Bootsbau-historischen Vortrag vom Kurator des Museums und ehemaligen Schüler unserer Schule Dr. Anton Englert, wurde uns die Museumswerft gezeigt und die aktuellen Arbeiten am Nachbau eines Wikingerbootes erläutert. Hier waren Gespräche mit dänischen

An unserem letzten Abend fand im Middelaldercentret ein Ritterspektakulum anlässlich des dänischen „Sankt Hans aften“-Mittsommernachtsfestes statt, zu dem wir Bootsbauer herzlich eingeladen waren.

Kurzum, es war eine gelungene Projektfahrt mit großem Lerneffekt für werdende Bootsbauer. Neben den neuen handwerklichen Kenntnissen war es toll zu erleben, wie gut wir uns mit den Dänen verstanden haben. Wir können uns vorstellen, später auch einmal in Dänemark zu arbeiten.
Finn Jacobs (Klasse Bo 10.2)

Arbeitsaufgabe Linienriss

Unsere Aufgabe bestand darin, die Originalmaße vom Boot abzunehmen und danach einen Linienriss und eine Aufmaßtabelle anzufertigen. Dies ist erforderlich, wenn eine Kopie des Bootes angefertigt werden soll.
Dazu drehten wir zunächst das Boot kopfüber und ermittelten die Mittschiffslinie.

Wir richteten den Rumpf aus und begannen damit die Gesamtlänge abzunehmen. Wir befestigten dazu am Spiegel und am Steven einen kleinen Balken, richteten ihn aus und nahmen die Gesamtlänge. Am Balken dann konnten wir die maximale Höhe
ermitteln und somit das Netz zeichnen.
Dann haben wir markante Punkte, von der MS ausgehend, heraus gemessen, nach und nach in den Aufriss der Rumpfkontur eingefügt, ausgestrakt und so einen fertigen Spantenriss erhalten.
Wir begannen nun damit, zur Kontrolle einen Linienriss aufzuschnüren, wobei wir uns vorher schon Gedanken darüber gemacht haben, sowohl den Längsriss als auch den Wasserlinienriss und den Spantenriss in einer Zeichnung unterzubringen. Damit die

Zeichnung auf eine Sperrholzplatte passte und damit die Linien bessere Straks ergeben, stauchten wir die Länge des Bootes im Maßstab 1:2. Danach wurde aufgrund der ermittelten Maß die dargestellte Aufmaßtabelle angefertigt.

Die Arbeiten vollführten wir im Freien vor der Werkstatt. Daneben war der Aufenthaltsplatz der anderen Mitarbeiter der Einrichtung. Unsere Aktivität sorgte für viel Neugier und es dauerte nicht lange bis wir mit den Dänen in Gespräche kamen. Anfangs noch fachbezogen, später dann auch andere Themen, woraus sich eine gute Beziehung entwickelte.

Nicht weniger spannend war die Arbeit zusammen mit den dänischen Handwerkern und wir erfuhren wie man früher Nägel schmiedete, Seile auf der Reeperbahn herstellte oder Holzteer herstellte.

Doch unser aller Aufmerksamkeit galt dem Segeln mit den traditionellen Wikingerbooten. Es gab keinen Tag an dem wir nicht mit unserer witzigen, mittelalterlichen Arbeitsklamotten in den Booten saßen und ein unvergleichliches Flair erlebten.

Abends wurde dann immer zusammen gegessen, wobei die Aufgabe des Kochens den Schülern übertragen worden ist. Man saß meist in gemütlicher Runde und sehr lustiger Gesellschaft mit unseren dänischen Freunden. Abends hat uns dann die wahre Mittelalterlust gepackt und es wurde uns angeboten in den traditionellen Zelten zu schlafen, was wir auch gerne annahmen.

Alles in Allem war es ein fachlich interessantes Projekt und ein Abenteuer, welches man erlebt haben sollte.
Michael Ohl (Kl. Bo 08.2)

Holzbearbeitung mit traditionellen Werkzeugen

Sehr lehrreich und kraftaufreibend war die Einführung in die mittelalterliche Holzbearbeitung.
Unser Lehrmeister Carsten, ein dänischer Zimmermann mit prima verständlichem English, demonstrierte die Handhabung und Anwendungen der verschiedenen Äxten. Daraufhin konnten wir uns selber an dem für uns ungewohnten Werkzeugen ausprobieren.
Das derzeitige Projekt des Zimmermanns ist es, ein Haus zu errichten, welches später als Brauerei dienen soll. Dieses wird natürlich im mittelalterlichen Fachwerkstil gehalten.

Wir Bootsbaulehrlinge konnten so im Rahmen des Interreg IVa Projektes vom 20.06. bis zum 24.06.2011 diesen Neubau tatkräftig unterstützen und erlebten es hautnah, wie die Holzbearbeitung vor hunderten Jahren ausgeübt wurde und teilweise heute noch angewandt wird.

Aktuell waren die Aufgaben, Pfosten für das Fachwerkgerüst und Wandplanken zu bearbeiten.

Nach der Einführung in die Arbeit mit der Fallaxt war es unsere Aufgabe einen Zapfen an ein Ende der Planken zu hauen. Das Arbeiten mit der Axt war anfangs sehr gewöhnungsbedürftig und vor allem kraftraubend doch mit der Zeit bekamen wir

das Gefühl für den Umgang mit dem Werkzeug.
Des Weiteren brachten wir die großen Pfosten in ihre rechteckige Form und glätteten die Oberfläche mit dem Breitbeil oder dem Dechsel. Jedoch merkten wir schnell, dass diese Arbeit eine Menge Erfahrung und Routine mit dem Werkzeug bedarf um ein befriedigendes Ergebnis zu schaffen.

Der nächste Schritt war es, die Nut in die Pfosten zu hauen um dort die verzapften Wandplanken horizontal übereinander zu befestigen.
Für diese Aufgabe nutzten wir die Nutaxt, welche ein dreieckiges Profil an der Spitze hat. Es benötigt viel Präzisionsgefühl um eine gerade Nut über die gesamte Länge des Pfostens zu hauen.

Diese Art der Holzbearbeitung mit Äxten ist viel gröber als heutige Techniken. Jedoch ist es erfahrenen Handwerkern früher wie auch heute möglich sehr beeindruckende Ergebnisse, wie eine glatte Oberfläche und dichte Verbindungen herzustellen.

Neben viel praktischer Arbeit an dem schweren Eichenholz mittels der traditionellen Werkzeuge erklärte Carsten uns auch weitere mittelalterliche Holzbearbeitungs-Praktiken.
Unter anderem wie früher Holz gespalten wurde, um zum Beispiel gerade lange Planken für den Bootsbau herzustellen.
Dazu wurde eine kleine Nut entlang der Faser ins Holz geschlagen. In etwas größeren Auskerbungen schlug man Weichholzkeile und wässerte sie. Die Keile Quollen auf und spalteten Balken oder auch ganze Baumstämme entlang der Nut sauber auf.
Dies Funktioniert am besten mit frisch geschlagenem Eichenholz, welches traditionell in vielen Bereichen wie dem Haus- und Bootsbau in Dänemark verwendet wird.

Außerdem erfuhren wir, dass es zwar auch damals grobe Bauzeichnungen gab jedoch die Zimmermänner sowie Bootsbauer ihr Endprodukt als ganzes Bild im Kopf hatten und so zum Beispiel Pfeiler für das Fachwerkgerüst oder Spanten für den Bau eines Bootes nach Augenmaß errichteten.
Dies benötigt viele Erfahrungswerte, Gefühl für Dimensionierungen und natürlich eine sehr gute dreidimensionale Vorstellungskraft.

Es war schön sich im Mittelaltercenter aufzuhalten und von den dortigen Personen oft schon vergessene Handwerksmethoden zu erlernen. Alle nehmen ihre Rolle als mittelalterliche Handwerker ernst und geben sich Mühe es so authentisch wie möglich auszuführen.
Carsten war uns ein sehr geduldiger und kommunikativer Lehrer. So konnten wir in Ruhe alle vorgestellten Praktiken ausprobieren, ohne Angst zu haben etwas falsch zu machen, was insgesamt eine sehr schöne Arbeitsatmosphäre ergab.

Niklas Stegmann (Kl. Bo 10.1), Ole Litty (Kl. Bo 08.2), Pierre Menzel(Kl. Bo 09.3)

Projekt: Seilherstellung auf der Reeperbahn

Heute wurden nach dem Frühstück die Projekte neu verteilt und wir haben uns dafür entschieden mit Sören, dem Reepschläger, Seile zu machen.

Zuerst mussten wir aber passend eingekleidet werden, da wir heute im Besucherbereich des Middelaldercentrets Nykøbing arbeiten würden.

Anschließend ging es mit Sören zur Reeperbahn. Diese bestand aus 2 Böcken, je einer an jedem Ende. An diesen Böcken waren jeweils 3 drehbare Haken befestigt, mit denen man die einzelnen Litzen verdrehen konnte. Zwischen diesen beiden

Böcken standen noch 3 weitere Böcken, die aber nur zur Führung der
Litzen dienten und damit diese nicht zu sehr durchhängen.

Sören erklärte uns, dass wir heute ein Seil mit 3 Kardeelen aus jeweils 8 Litzen drehen würden. Am Ende würde das Seil etwa 40m lang und ca. 10mm dick sein.
Nachdem wir also die einzelnen Litzen auf die Haken geknotet hatten, hieß es Kurbeln und zwar etliche hundert Mal.

Wie oft genau konnte uns Sören auch nicht sagen, er hat lediglich hin und wieder die Spannung in den einzelnen Kardeelen geprüft. Nachdem die Kardeele fertig verdreht waren, wurden sie mithilfe eines Führungsdorns nur noch miteinander verdreht. Das fertige Seil wurde jetzt noch über Nacht mit einem Flaschenzug gespannt, damit es sich später weniger reckt.

Am nächsten Tag hat Sören uns noch gezeigt, wie man die Enden verspleißt, um ein aufdrehen des Seils zu verhindern.
Auch wenn die Herstellung eines Seiles überwiegend aus kurbeln besteht, hat mir dieser Tag viel Spaß gemacht und ich habe einiges dazugelernt. Zum Beispiel über die verschiedenen Materialien, die früher und auch heute noch verwendet wurden. Außerdem kann man sich, nachdem man selber mal ein Seil gedreht hat, sehr gut vorstellen, woher die Festigkeit in einem gedrehten Seil kommt.

Martin Baggendorf (Kl. Bo 10.1) und Cristina Polat (Kl. Bo 08.4)

A Day At The Blacksmith’s

Es war ein sonniger Dienstagmorgen, als wir uns auf den Weg in Richtung der hiesigen Schmiede machten.
Da wir etwas zu früh dort eintrafen, beschlossen wir kurzerhand, schon mal auf mittelalterliche Art und Weise das Schmiedefeuer zu entfachen – mit Feuerstein, Schlageisen und Zunder. Nach einer halben Stunde vergeblicher Versuche kam der Schmied an, ein gemütlicher, sehr netter rundlicher Mann, und erklärte uns, dass

man den Anzünder mit dem Daumen direkt auf dem Feuerstein fixieren muss und dann den Stein mit dem Eisen anschlägt. Im Nu brannte das Schmiedefeuer.

Wir legten ein ca. 1m langes Rundeisen in die Glut und entfachten diese mit dem Blasebalg bis fast zur Weißglut an.
An der Farbe des Eisens kann man erkennen, ob es heiß genug ist. Dann schlugen wir das vordere Ende nach und nach in eine längliche viereckige Form, um Eisennägel zu schmieden.
Wenn der Vierkant lang und dünn genug ist, wird er vom restlichen Material abgetrennt und das obere Ende zum Kopf platt geschlagen. Die Spitze wird von zwei Seiten angefeilt, um dann später rechtwinklig zur Faser in die Planke geschlagen werden zu können.

Nach einigen Versuchen erkundigten wir uns, was man denn noch so alles Interessantes lernen könnte. Daraufhin schmiedeten wir drei Messerklingen, die wir
in Holzgriffe einbrannten.

Gegen Feierabend zeigte uns der Schmied noch, wie man Pfeilspitzen schmiedet. Dazu schlägt man zunächst das glühende Ende des Rundeisens zu einem ca. 1mm flachen, im Durchmesser 30-40mm messenden Kreis. Dabei muss man besonders aufpassen, dass man das Eisen, je dünner es geschmiedet wird auch umso schneller aus dem Feuer nimmt. Wenn das Werkstück weiß glüht und funken sprüht, war es zu lange in der Glut. Wenn es beim Bearbeiten einreißt, war es nicht heiß genug. Der Kreis wird dann vorsichtig eingerollt und ca. 10-20mm weiter hinten abgetrennt. Aus diesem Stück schmiedet man dann die Spitze.

Als Gehörschutz bekamen wir kleine Leinenstoffstückchen, die wir einrollten und uns in die Ohren steckten.

Im Anschluss setzten wir uns zum Mittagessen zusammen und nutzten wie jeden Abend die Gelegenheit, mit einem der zahlreichen mittelalterlichen Booten segeln bzw. rudern zu gehen.

Beim Sonnwendfest am letzten Abend verstanden wir uns nach den Tagen der Eingewöhnung sehr gut mit den dänischen Kollegen.

Wir waren sehr begeistert von der Gelegenheit, einige unserer skandinavischen Nachbarn kennenzulernen und haben viele interessante Erfahrungen gesammelt, sowohl für das zukünftige Arbeiten, als auch privat.
Simon Rehle (Kl. Bo 10.1) & Sebastian Hamprecht (Kl. Bo 08.4)